Das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen ist in § 355 BGB geregelt. Es gewährt Verbrauchern die Möglichkeit, Verträge innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Dies gilt insbesondere für Fernabsatzverträge (z.B. Online-Käufe) und Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden.
Ein Widerruf muss durch eine eindeutige Erklärung erfolgen. Diese kann schriftlich, mündlich oder auf anderem Wege erfolgen, solange klar wird, dass der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten möchte. Auch die bloße Rücksendung der Ware kann in bestimmten Fällen als konkludenter Widerruf anerkannt werden (§ 355 Abs. 1 S. 3 BGB).
Tipp: Um Missverständnisse zu vermeiden und Beweissicherheit zu schaffen, empfiehlt es sich, den Widerruf in Textform zu erklären, z. B. per E-Mail oder Brief.
1. Widerrufsfrist
Gemäß § 355 Abs. 2 BGB beträgt die gesetzliche Widerrufsfrist 14 Tage. Die Frist beginnt in der Regel mit dem Vertragsschluss, kann aber je nach Art des Vertrags unterschiedlich geregelt sein:
- Fernabsatzverträge und Verträge außerhalb von Geschäftsräumen: Die Widerrufsfrist beginnt erst mit der Lieferung der Ware oder dem Erhalt der vollständigen Vertragsunterlagen (§ 356 Abs. 2 BGB).
- Teilzeit-Wohnrecht-Verträge: Hier greift § 356a BGB, der eine abweichende Fristregelung enthält.
- Verbraucherdarlehensverträge: Die speziellen Regelungen zum Widerruf solcher Verträge sind in § 356b BGB festgehalten.
- Ratenlieferungsverträge: Auch hier gelten besondere Regelungen nach § 356c BGB.
- Verbraucherbauverträge: Für Bauverträge, die von Verbrauchern geschlossen werden, gilt § 356e BGB.
In allen Fällen endet die Widerrufsfrist spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem regulären Fristbeginn, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
2. Widerrufserklärung
Der Widerruf kann formlos erfolgen, er muss jedoch eindeutig sein. Verbraucher können den Widerruf per E-Mail, Brief, Fax oder sogar telefonisch erklären. Wichtig ist, dass der Widerruf rechtzeitig innerhalb der 14-tägigen Frist erfolgt.
Falls keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt ist, verlängert sich die Widerrufsfrist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage. Der BGH hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung die Frist für den Widerruf nicht in Gang setzt (BGH 01.12.2010 – VIII ZR 82/10).
3. Besonderheiten bei bestimmten Verträgen
- Verbraucherdarlehensverträge: Bei Krediten oder anderen Darlehensverträgen gilt eine längere Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Vertragsabschluss oder dem Erhalt der Widerrufsbelehrung.
- Leasingverträge: Der Bundesgerichtshof hat das Widerrufsrecht eines Verbrauchers bei Kfz-Leasingverträgen in der Form des Kilometer-Leasings abgelehnt (BGH 24.02.2021 – VIII ZR 36/20).
4. Rechtsfolgen des Widerrufs
Wird ein Verbrauchervertrag wirksam widerrufen, sind beide Parteien zur Rückabwicklung verpflichtet. Der Verbraucher muss die erhaltenen Waren zurücksenden, und der Unternehmer muss den Kaufpreis erstatten. Hierbei muss der Unternehmer in der Regel die Versandkosten übernehmen, es sei denn, dies wurde vertraglich anders geregelt.
Wichtig: Der Verbraucher haftet nur für den Wertverlust der Ware, wenn dieser auf eine nicht bestimmungsgemäße Nutzung zurückzuführen ist.
5. Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung
Die ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist essenziell, um die Fristen für den Widerruf zu wahren. Eine fehlende oder unzureichende Belehrung kann dazu führen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt, wie Urteile des BGH bestätigen (z.B. BGH 23.06.2009 – XI ZR 156/08).