Werkvertrag: Rechte und Pflichten des Bestellers gegen den Handwerker

Der Werkvertrag ist ein Vertragstyp, bei dem sich eine Partei (der Unternehmer) verpflichtet, ein bestimmtes Werk gegen Zahlung einer Vergütung durch die andere Partei (den Besteller) herzustellen. Das Werk kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache (Werkvertrag im engeren Sinne) als auch ein anderer Erfolg sein, der in der Erbringung einer Dienstleistung oder einer geistigen Leistung besteht (Dienstvertrag, Werklieferungsvertrag, Architektenvertrag, Ingenieurvertrag etc.).

Der Werkvertrag ist in den §§ 631 ff. BGB geregelt. Daneben gibt es noch spezielle Regelungen für bestimmte Arten von Werkverträgen, wie zum Beispiel die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) oder die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten der Besteller bei einem Werkvertrag hat, welche Gewährleistungsansprüche ihm bei Mängeln zustehen und wie er diese geltend machen kann. Außerdem erhalten Sie einige nützliche Quellen und Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung.

Rechte und Pflichten des Bestellers

Der Besteller hat bei einem Werkvertrag folgende Rechte und Pflichten:

  • Der Besteller hat das Recht, das Werk abzunehmen, wenn es fertiggestellt ist und keine Mängel aufweist. Die Abnahme ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Bestellers, mit der er dem Unternehmer gegenüber anerkennt, dass das Werk vertragsgemäß erbracht wurde. Die Abnahme kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Die Abnahme hat folgende rechtliche Wirkungen:
    • Der Unternehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung.
    • Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels geht auf den Besteller über.
    • Die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche beginnt zu laufen.
    • Die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung des Werkes geht auf den Besteller über.
  • Der Besteller hat die Pflicht, dem Unternehmer die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Die Vergütung ist in der Regel nach der Abnahme fällig, es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben. Der Besteller kann die Zahlung verweigern oder zurückbehalten, wenn das Werk mangelhaft ist oder der Unternehmer seine Nebenpflichten verletzt hat.
  • Der Besteller hat die Pflicht, dem Unternehmer die erforderlichen Angaben über seine Person und seine Zahlungsweise zu machen. Er muss auch dem Unternehmer alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen, die dieser für die Ausführung des Werkes benötigt. Er muss zudem dem Unternehmer den Zugang zu dem Ort gewähren, an dem das Werk hergestellt oder erbracht werden soll.
  • Der Besteller hat die Pflicht, das Werk entgegenzunehmen, wenn es ihm angeboten wird. Er darf die Abnahme nur verweigern, wenn das Werk mangelhaft ist oder nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Er muss dem Unternehmer jedoch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen.

Gewährleistungsansprüche des Bestellers

Der Besteller hat bei einem mangelhaften Werk folgende Gewährleistungsansprüche:

  • Der Besteller hat zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung nach § 635 BGB. Das bedeutet, dass er vom Unternehmer verlangen kann, den Mangel zu beseitigen oder ein neues mangelfreies Werk zu liefern. Der Besteller kann zwischen diesen beiden Möglichkeiten wählen, es sei denn, eine davon ist unmöglich oder unverhältnismäßig. Der Unternehmer muss die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist erbringen und alle damit verbundenen Kosten tragen.
  • Wenn die Nacherfüllung fehlschlägt, unmöglich oder unzumutbar ist oder vom Unternehmer verweigert wird, kann der Besteller nach seiner Wahl einen der folgenden Ansprüche geltend machen:
  • Der Besteller kann den Kaufpreis mindern, das heißt, er kann eine angemessene Herabsetzung der Vergütung verlangen. Die Höhe der Minderung richtet sich nach dem Verhältnis zwischen dem Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand und dem Wert in mangelhaftem Zustand. Der Besteller muss jedoch die Minderung dem Unternehmer gegenüber erklären.
  • Der Besteller kann vom Vertrag zurücktreten, das heißt, er kann die Rückabwicklung des Vertrages verlangen. Er muss dann das Werk zurückgeben und erhält seine Vergütung zurück. Der Rücktritt ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist oder der Besteller den Mangel zu vertreten hat. Der Besteller muss den Rücktritt dem Unternehmer gegenüber erklären.
  • Der Besteller kann Schadensersatz statt der Leistung oder neben der Leistung verlangen, wenn der Unternehmer den Mangel zu vertreten hat. Das bedeutet, dass er vom Unternehmer den Ersatz des ihm durch den Mangel entstandenen Schadens verlangen kann. Der Schaden kann zum Beispiel aus entgangenem Gewinn, vergeblichen Aufwendungen oder dem Wertverlust des Werkes bestehen. Der Besteller muss jedoch den Schaden nachweisen und beziffern.

Um einen Gewährleistungsanspruch geltend zu machen, muss der Besteller in der Regel dem Unternehmer den Mangel anzeigen und ihm eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Außerdem muss er den Anspruch innerhalb der Verjährungsfrist geltend machen, die in der Regel zwei Jahre ab Abnahme beträgt. Er kann den Anspruch gerichtlich oder außergerichtlich durchsetzen. Dabei sollte er sich gegebenenfalls anwaltlich beraten lassen.

Gefahrtragung beim Werkvertrag

Die Gefahrtragung beim Werkvertrag bezeichnet die Frage, wer das Risiko des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung des Werkes trägt, wenn dieses nach der Fertigstellung oder während der Herstellung durch einen unvorhersehbaren und unabwendbaren Umstand beschädigt oder zerstört wird. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Sachgefahr und der Preisgefahr.

Die Sachgefahr betrifft die Frage, wer das Eigentum an dem Werk erhält oder verliert. Die Sachgefahr geht in der Regel mit der Abnahme des Werkes auf den Besteller über, es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben. Das bedeutet, dass der Besteller das Werk auch dann bezahlen muss, wenn es nach der Abnahme durch einen Zufall untergeht oder sich verschlechtert. Der Unternehmer muss das Werk jedoch bis zur Abnahme sorgfältig verwahren und versichern.

Die Preisgefahr betrifft die Frage, wer die Vergütung für das Werk zahlen oder erhalten muss. Die Preisgefahr geht in der Regel mit dem Gefahrübergang auf den Besteller über, es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben. Das bedeutet, dass der Unternehmer die Vergütung auch dann erhalten muss, wenn das Werk vor dem Gefahrübergang durch einen Zufall untergeht oder sich verschlechtert. Der Besteller kann jedoch von seiner Zahlungspflicht befreit werden, wenn er den Untergang oder die Verschlechterung nicht zu vertreten hat.

Die Gefahrtragung beim Werkvertrag kann durch vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen abweichend geregelt werden. Zum Beispiel kann die Gefahrtragung bei einem Werklieferungsvertrag nach den Regeln des Kaufrechts bestimmt werden. Außerdem kann die Gefahrtragung bei einem Bauvertrag nach den Regeln der VOB/B geregelt werden.

Beispiele

Die Rechtsprechung zum Werkvertrag ist sehr umfangreich und vielfältig. Hier sind einige Beispiele für aktuelle und klassische Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zu verschiedenen Themen des Werkrechts:

  • Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Werkverträgen (BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17): Der BGH hat entschieden, dass der Ausschlusstatbestand (jetzt in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB geregelt) jedenfalls regelmäßig nicht für Werkverträge nach § 631 BGB gilt. Das bedeutet, dass der Besteller, der einen Werkvertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen hat, grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB hat, es sei denn, es liegt ein anderer Ausschlussgrund vor. In dem Fall ging es um den Kauf und die Montage eines Senkrechtlifts an der Außenfassade eines Wohnhauses.
  • Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Unternehmers nach Verjährung des Anspruchs des Bestellers auf Herstellung (BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 – VII ZR 108/19): Der BGH hat entschieden, dass die Verjährung des Anspruchs des Bestellers auf Herstellung des versprochenen Werks nicht zur Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Unternehmers führt. Das bedeutet, dass der Unternehmer seinen Werklohnanspruch erst dann geltend machen kann, wenn der Besteller das Werk abgenommen hat oder eine Abnahme als erfolgt gilt. In dem Fall ging es um den Bau eines Einfamilienhauses, das der Besteller wegen Mängeln nicht abnahm.
  • Geltendmachung von Mängelrechten vor Abnahme der Werkleistung (BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13): Der BGH hat entschieden, dass der Besteller, der vor Abnahme der Werkleistung Mängelrechte geltend macht, nicht in Annahmeverzug gerät und damit nicht die Gefahrtragung übernimmt. Das bedeutet, dass der Besteller nicht für den zufälligen Untergang oder die Verschlechterung des Werkes haftet, wenn er dieses wegen Mängeln nicht abnimmt. In dem Fall ging es um den Bau einer Biogasanlage, die der Besteller wegen Mängeln nicht abnahm.
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