Die Abnahme ist ein zentraler Vorgang im Werkvertragsrecht, bei dem der Besteller (Käufer) die erbrachte Leistung des Werkunternehmers als vertragsgemäß anerkennt. Mit der Abnahme tritt der Werkvertrag in eine neue Phase ein, da die Erfüllung des Vertrags formell abgeschlossen ist. Dies gilt selbst dann, wenn noch Mängel am Werk vorhanden sind.
1. Definition der Abnahme
Die Abnahme ist juristisch definiert als die Entgegennahme des Werkes durch den Besteller, verbunden mit der Anerkennung der erbrachten Leistung als die vertraglich geschuldete. Sie kann ausdrücklich, formlos oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erfolgen.
Die Abnahme ist für den Besteller eine Hauptleistungspflicht neben der Zahlung der Vergütung. Sie ist zudem von großer Bedeutung, da sie verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, wie etwa die Fälligkeit der Vergütung und den Übergang der Beweislast für Mängel.
2. Formen der Abnahme
Es gibt verschiedene Formen der Abnahme im Werkvertragsrecht:
- Formlose Abnahme: Erfolgt ohne formelle Protokollierung. Sie tritt ein, wenn der Besteller das Werk entgegennimmt und keine Mängel rügt.
- Förmliche Abnahme: Bei der förmlichen Abnahme wird das Werk gemeinsam auf Mängel untersucht, und das Ergebnis wird in einem Abnahmeprotokoll festgehalten. Beide Parteien dokumentieren hier bekannte Mängel und gegebenenfalls Vertragsstrafen.
- Konkludente Abnahme: Diese Form tritt ein, wenn der Besteller das Werk in Gebrauch nimmt, ohne die Abnahme ausdrücklich zu erklären. Beispiele hierfür sind die Nutzung oder der Einzug in ein Bauwerk. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu entschieden, dass bereits die Ingebrauchnahme eines Bauwerks als konkludente Abnahme gelten kann (BGH 12.05.2016 – VII ZR 171/15).
- Fiktive Abnahme: Wenn der Besteller das Werk trotz Abnahmereife nicht innerhalb einer angemessenen Frist abnimmt, gilt das Werk nach § 640 Abs. 1 S. 3 BGB als abgenommen.
3. Abnahme nach dem Werkvertragsrecht (§ 640 BGB)
Im Werkvertragsrecht kann die Abnahme nicht wegen unwesentlicher Mängel verweigert werden. Wesentliche Mängel hingegen berechtigen den Besteller zur Abnahmeverweigerung. Der Unternehmer kann jedoch eine angemessene Frist zur Abnahme setzen. Reagiert der Besteller nicht oder verweigert die Abnahme ohne Begründung, tritt die fiktive Abnahme ein.
Wenn der Besteller die Abnahme verweigert, ohne Mängel zu benennen, wird die Werklohnforderung des Unternehmers nicht fällig. Jedoch kann erst nach Ablauf einer gewissen Zeit, oft im Rahmen eines Gerichtsverfahrens, geklärt werden, ob die Abnahmeverweigerung berechtigt war.
4. Abnahme nach der VOB/B
In Bauverträgen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) ist die Abnahme in § 12 VOB/B geregelt. Es gibt hierbei die Möglichkeit einer förmlichen und nichtförmlichen Abnahme. Eine förmliche Abnahme kann von jeder Vertragspartei verlangt werden. Die fiktive Abnahme tritt ein, wenn der Besteller nach Ablauf einer festgelegten Frist nicht reagiert.
Wichtig: Wurde eine förmliche Abnahme vertraglich vereinbart, sind eine konkludente oder fiktive Abnahme ausgeschlossen (OLG Hamm 30.04.2019 – 24 U 14/18).
5. Rechtsfolgen der Abnahme
Die Abnahme bringt bedeutende Rechtsfolgen mit sich:
- Fälligkeit der Vergütung: Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig.
- Übergang der Beweislast: Nach der Abnahme trägt der Besteller die Beweislast für Mängel.
- Beginn der Verjährung: Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen beginnt mit der Abnahme (§ 634a BGB, § 13 Nr. 4 VOB/B).
- Gefahrübergang: Die Leistungs- und Vergütungsgefahr geht auf den Besteller über.
6. Das Abnahmeprotokoll
Ein Abnahmeprotokoll dient der schriftlichen Festhaltung der Abnahme. Es enthält üblicherweise die Dokumentation etwaiger Mängel, die im Zuge der Abnahme festgestellt wurden, sowie Hinweise auf Gewährleistungsfristen. Auch wenn keine gesetzliche Pflicht zur Protokollierung besteht, ist das Abnahmeprotokoll in der Praxis sehr verbreitet, um spätere Unklarheiten oder Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
7. Besonderheiten bei der Abnahme
Es gibt einige Besonderheiten zu beachten:
- Verweigert der Besteller die Abnahme, obwohl das Werk abnahmereif ist, gerät er in Annahmeverzug.
- Unwesentliche Mängel berechtigen nicht zur Abnahmeverweigerung.
- Der Besteller verliert seine Rechte auf Mangelgewährleistung, wenn er das Werk trotz Kenntnis des Mangels abnimmt, ohne sich diese Rechte vorzubehalten (§ 640 Abs. 3 BGB).