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Tierhaftung

Die Tierhalterhaftung ist ein zentrales Thema im deutschen Schadensrecht, das sich mit der Verantwortung von Tierhaltern für Schäden befasst, die durch ihre Tiere verursacht werden. Nach § 833 BGB ist die Tierhalterhaftung eine Form der Gefährdungshaftung. Dies bedeutet, dass der Tierhalter für Schäden haftet, die sein Tier verursacht, unabhängig davon, ob er das Tier ordnungsgemäß gehalten oder beaufsichtigt hat. Durch die strenge Haftung wird sichergestellt, dass Tierhalter für die unberechenbare Natur ihrer Tiere verantwortlich sind.

Definition des Tierhalters

Laut der Rechtsprechung des BGH wird als Tierhalter derjenige definiert, „in wessen Gesamtinteresse das Tier gehalten wird und wessen Wirtschaftsbetrieb oder Haushalt es dient“. Entscheidend ist, wer die Bestimmungsmacht über das Tier hat, die Kosten trägt und das Risiko des Verlustes trägt. Der Eigentumserwerb ist nur ein Indiz und nicht ausschlaggebend für die Tierhaltereigenschaft (OLG Köln, 07.02.2018 – 5 U 128/16).

1. Voraussetzungen der Tierhalterhaftung

Die Tierhalterhaftung setzt voraus, dass:

  • Ein Schaden durch das Tier verursacht wurde.
  • Der Schaden in einem direkten Zusammenhang mit der unberechenbaren Natur des Tieres steht.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Pferdehalter haftet für Schäden, die seine Pferde auf einer ordnungsgemäß eingezäunten Wiese verursachen, wenn ein Unbekannter das Gatter öffnet und die Tiere auf die Straße laufen.

Haftung auch bei Fremdbetreuung

Die Haftung des Tierhalters bleibt bestehen, auch wenn das Tier vorübergehend in der Obhut einer Hundepension ist. Selbst wenn eine Tieraufseherin während der Betreuung verletzt wird, bleibt der Tierhalter grundsätzlich haftbar. Ein Mitverschulden des Geschädigten kann jedoch die Ansprüche mindern (BGH, 25.03.2014 – VI ZR 372/13).

2. Art und Höhe des Schadensersatzes

Die Haftung des Tierhalters umfasst sowohl den Schadensersatz als auch die Zahlung eines Schmerzensgeldes bei Körperverletzungen.

Heilbehandlungskosten

Sogar bei einem geringen wirtschaftlichen Wert des verletzten Tiers sind die Heilbehandlungskosten vollständig erstattungsfähig, sofern der Eigentümer ein hohes Affektionsinteresse hat und die Heilbehandlungsmaßnahmen vertretbar sind (OLG Celle, 15.02.2023 – 20 U 36/20).

3. Mitverschulden

Ein Mitverschulden des Geschädigten kann die Haftung des Tierhalters mindern oder sogar ausschließen. Beispiele hierfür sind:

  • Ein Verletzter, der trotz Warnung in die Box eines Pferdes greift.
  • Ein Autofahrer, der ein ausgebrochenes Rind sieht, aber seine Geschwindigkeit nicht drosselt.
  • Ein unbefugter Zutritt zu einer Weide, um ein Pferd zu füttern.

Die Tierhalterhaftung kann jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, wenn der Geschädigte auf eigene Gefahr handelt (OLG Hamm, 22.04.2015 – 14 U 19/14).

4. Schädigung durch mehrere Tiere

Gemäß § 830 BGB sind mehrere Halter für Schäden verantwortlich, wenn nicht klar ist, welches Tier den Schaden verursacht hat. Dies gilt auch für die Tierhalterhaftung (BGH, 24.04.2018 – VI ZR 25/17).

5. Reitunfälle

Die Haftung des Pferdehalters bleibt auch dann bestehen, wenn das Pferd ohne Wissen des Eigentümers an Dritte zum Reiten überlassen wird (BGH, 30.04.2013 – VI ZR 13/12). In bestimmten Fällen, wie bei Geländereiten oder Fuchsjagden, handelt der Reiter jedoch auf eigene Gefahr.

6. Tierhalterhaftpflichtversicherung

Eine Tierhalterhaftpflichtversicherung kann helfen, finanzielle Risiken abzusichern, die aus der Tierhalterhaftung resultieren. Diese Versicherung ist besonders für Halter von Hunden und anderen Tieren empfehlenswert.

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