Die Gefährdungshaftung ist ein wichtiger Haftungstatbestand im deutschen Recht, der es ermöglicht, Personen für Schäden verantwortlich zu machen, die sie ohne schuldhaftes Verhalten verursacht haben. Sie unterscheidet sich deutlich von der Verschuldenshaftung, bei der ein nachweisbares Fehlverhalten erforderlich ist. Der Kern der Gefährdungshaftung liegt in der Schaffung oder Beherrschung einer besonderen Gefahrenquelle, die zu einem Schaden führt.
Die Gefährdungshaftung regelt die Haftung für Schäden, die aus bestimmten Gefahrenquellen resultieren. Sie bietet einen rechtlichen Rahmen für Opfer, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, selbst wenn dem Schädiger kein Verschulden nachgewiesen werden kann. Die Regelungen zur Gefährdungshaftung sind von großer Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, Tierhaltung und Produkthaftung.
1. Merkmale der Gefährdungshaftung
- Schuldunabhängige Haftung: Der Haftende ist auch ohne eigenes Verschulden für den Schaden verantwortlich.
- Keine Rechtswidrigkeit erforderlich: Die Handlung, die zum Schaden führt, muss nicht unbedingt rechtswidrig sein.
- Besondere Gefahrenquelle: Der Schädiger muss eine Gefahrenquelle geschaffen oder beherrscht haben, die zu einem Schaden geführt hat.
2. Voraussetzungen der Gefährdungshaftung
Die Gefährdungshaftung tritt nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in Kraft. Die wichtigsten Vorschriften sind:
- Betrieb von Kraftfahrzeugen: § 7 StVG (Betriebsgefahr)
- Haltung von Tieren: § 833 BGB (Tierhalterhaftung)
- Betrieb von Anlagen: § 1 UmweltHG
- Produkthaftung: § 1 ProdHaftG
- Luftverkehr: § 33 LuftVG
- Wasserhaushalt: § 89 f. WHG
- Fehlerhafte Banküberweisungen: § 675y BGB (Haftung im bargeldlosen Zahlungsverkehr)
2.1 Kausalität und Schutzbereich
Die Voraussetzungen der Gefährdungshaftung umfassen:
- Kausalität: Der Schaden muss nach der Bedingungstheorie kausal sein, das heißt, er darf nicht durch ein unbestimmtes Ereignis verursacht worden sein.
- Schutzbereich: Der Schaden muss in den Schutzbereich der Norm fallen. Das bedeutet, dass die besondere Gefahr, vor der das Gesetz schützen wollte, tatsächlich eingetreten ist.
Darüber hinaus kann der Anspruch aus der Gefährdungshaftung gemäß § 254 BGB wegen Mitverschuldens des Geschädigten eingeschränkt werden.
3. Hinterbliebenengeld bei Tötung eines Menschen
Wird eine Person aufgrund einer Gefährdungshaftung getötet, haben Hinterbliebene oder Personen in einem besonderen Näheverhältnis seit dem 22.07.2017 Anspruch auf Schadensersatz für erlittenes seelisches Leid, auch bekannt als Hinterbliebenengeld.
3.1 Relevante Normen für Hinterbliebenengeld
Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld ist in verschiedenen Normen der Gefährdungshaftung geregelt, darunter:
- § 86 Abs. 3 AMG (Arzneimittelgesetz)
- § 32 Abs. 4 GenTG (Genussmittelgesetz)
- § 7 Abs. 3 ProdHaftG (Produkthaftung)
- § 12 Abs. 3 UmweltHG (Umwelthaftung)
- § 28 Abs. 3 AtG (Atomgesetz)
- § 10 Abs. 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz)
- § 5 Abs. 3 HaftPflG (Haftpflichtgesetz)
- § 35 Abs. 3 LuftVG (Luftverkehrsgesetz)