Schmerzensgeld ist eine Form der Entschädigung, die Geschädigten bei Verletzung bestimmter Rechtsgüter zusteht. Es wird in § 253 BGB geregelt und dient sowohl als Ausgleich für erlittene Schmerzen als auch als Genugtuung für die erlittenen Beeinträchtigungen. Das Schmerzensgeld dient als wichtige Entschädigungsform für Geschädigte.
1. Voraussetzungen für den Schmerzensgeldanspruch
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht bei der Verletzung der folgenden Rechtsgüter:
- Körper- oder Gesundheitsverletzung
- Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts
- Verletzung der Freiheit
- Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (§§ 15, 21 AGG)
Das Schmerzensgeld hat sowohl eine Ausgleichs- als auch eine Genugtuungsfunktion. Es ist übertragbar und vererblich, was bedeutet, dass im Falle des Todes des Geschädigten die Ansprüche auf seine Erben übergehen.
1.1 Bedeutung in Verkehrsunfällen
Bei Verkehrsunfällen hat die Genugtuungsfunktion oft weniger Gewicht, es sei denn, der Unfall wurde durch grobe oder vorsätzliche Verstöße verursacht (OLG Saarbrücken, 27.11.2007 – 4 U 276/07). Hier sind insbesondere die physischen und psychischen Belastungen der Betroffenen von Bedeutung.
2. Höhe des Schmerzensgeldes
Die Höhe des Schmerzensgeldes variiert und ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Es existieren umfangreiche Rechtsprechungstabellen, die Richtwerte für die Bemessung von Schmerzensgeldansprüchen bieten. In der jüngeren Rechtsprechung wurde jedoch ein Trend hin zu einer stärkeren Berücksichtigung der Dauer der Beeinträchtigung festgestellt. Das OLG Frankfurt am Main (18.10.2018 – 22 U 97/16) betonte, dass die Dauer der Beeinträchtigung erheblich für die Schmerzensgeldhöhe ist. In einem weiteren Urteil (16.07.2020 – 22 U 205/19) wurde diese Ansicht fortgeführt, trotz der gegenteiligen Auffassung des BGH (BGH 16.09.2016 – VGS 1/16).
2.1 Anspruch bei Gefährdungshaftung
Nach einem Urteil des OLG Celle (23.01.2004 – 14 W 51/03) darf der Schmerzensgeldanspruch, der auf der Gefährdungshaftung beruht, nicht niedriger bemessen werden als ein auf der Verschuldenshaftung basierender Anspruch.
3. Gerichtlicher Rechtsstreit
Der Klageantrag auf Zahlung von Schmerzensgeld ist einer der wenigen Fälle, in denen ein unbestimmter Antrag zulässig ist. In der Klagebegründung ist jedoch die Nennung einer Mindestsumme erforderlich. Diese ist eine Schlüssigkeitsvoraussetzung, um dem Gericht eine Grundlage für die Entscheidung zu geben.
Mit der Anerkennung eines unbestimmten Schmerzensgeldantrags werden alle bereits eingetretenen und objektiv vorhersehbaren zukünftigen immateriellen Schäden abgegolten. Künftige, objektiv nicht vorhersehbare Schäden können jedoch gesondert geltend gemacht werden (OLG Naumburg, 10.07.2014 – 2 U 101/13).
4. Geltendmachung im Adhäsionsverfahren
Im Adhäsionsverfahren kann ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt Schmerzensgeld verlangen. Mit der Rechtskraft des Urteils über diesen unbezifferten Antrag ist der Kläger jedoch mit der Geltendmachung eines weiteren Schmerzensgeldes im Zivilprozess gesperrt, es sei denn, es treten Verletzungsfolgen auf, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht erkennbar waren (BGH, 20.01.2015 – VI ZR 27/14).
5. Besonderheiten im Arbeitsverhältnis
Arbeitnehmer können bei Arbeitsunfällen nur die von der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckten Ansprüche geltend machen, die jedoch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld umfassen. Ein direkter Anspruch gegen den Arbeitgeber oder den verursachenden Arbeitskollegen ist ausgeschlossen.
6. Tod naher Angehöriger
Bei der Geltendmachung von Schmerzensgeld nach dem Tod eines nahen Angehörigen können Hinterbliebene Ansprüche geltend machen. Für weitere Informationen verweisen wir auf die Beiträge “Schmerzensgeld – Angehörige” und “Hinterbliebenengeld”.
7. Schmerzensgeldansprüche für Beamte
Beamte, die aufgrund ihrer Amtsausübung Opfer von Gewalttaten werden, können Schmerzensgeldansprüche gegen den Schädiger geltend machen. Mit dem am 28.10.2016 in Kraft getretenen § 78a BBG wird dem Dienstherrn die Möglichkeit eingeräumt, bei rechtskräftig festgestellten, aber nicht erfolgreich vollstreckbaren Schmerzensgeldansprüchen in Vorleistung zu treten. Dies ist besonders relevant, um unbillige Härten zu vermeiden, wenn die Vollstreckung nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Beamten geführt hat.