Culpa in contrahendo, auch als Verschulden bei Vertragsverhandlungen bekannt, ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht und stellt eine wichtige Anspruchsgrundlage für vorvertragliche Schadensersatzansprüche dar.
Was ist Culpa in Contrahendo?
Die culpa in contrahendo (cic) bezieht sich auf die Haftung, die während der Vertragsverhandlungen entsteht, bevor ein Vertrag tatsächlich abgeschlossen wird. Die rechtliche Grundlage dieser Haftung findet sich in § 280 BGB in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB.
Rechtsgrundlage
- § 280 BGB: Regelt den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen.
- § 311 BGB: Definiert, unter welchen Umständen ein Schuldverhältnis entstehen kann, auch ohne dass ein Vertrag zustande gekommen ist.
Inhalt des Anspruchs
Gemäß § 311 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nicht nur durch den Abschluss eines Vertrages, sondern auch durch die folgenden Handlungen entstehen:
- Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen.
- Die Anbahnung eines Vertrages.
- Ähnliche Kontaktaufnahmen.
Wichtig ist, dass ein Schuldverhältnis auch mit Personen entstehen kann, die nicht Vertragspartei werden. Hierunter fallen beispielsweise Vertreter, Sachwalter oder Gutachter.
Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches
Um einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer vorvertraglichen Pflichtverletzung geltend zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Bestehen eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen den Parteien gemäß § 311 Abs. 2 BGB.
- Pflichtverletzung (z. B. die Angabe falscher Bilanzkennzahlen bei einem Unternehmenskauf).
- Verschulden des Schuldners.
- Schaden des Gläubigers, der durch diese Pflichtverletzung entstanden ist.
Subsidiarität
Die Ansprüche aus culpa in contrahendo sind nach dem Gefahrübergang subsidiär zu den Ansprüchen aus Gewährleistung. Dies bedeutet, dass Ansprüche aus cic in der Regel nur dann geltend gemacht werden können, wenn die Gewährleistungsansprüche nicht greifen. Eine Ausnahme besteht jedoch bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers, wie im Urteil BGH 27.03.2009 – V ZR 30/08 festgestellt.
Schadensersatz
Die Hauptfolge einer culpa in contrahendo ist der Ersatz des Vertrauensschadens. Der Schädiger ist verpflichtet, dem Geschädigten im Rahmen der §§ 249 ff. BGB den durch die Pflichtverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen. Es ist jedoch zu beachten, dass der Geschädigte keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung hat, wie das BGH-Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05 verdeutlicht.