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Nacherfüllung

Die Nacherfüllung ist ein zentraler Begriff im deutschen Gewährleistungsrecht und bezieht sich auf das Recht des Käufers oder Bestellers, bei mangelhafter Leistung die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen. Hierbei gibt es spezifische Regelungen im Kauf- und Werkvertragsrecht, die im Folgenden näher erläutert werden.

1. Allgemeines zur Nacherfüllung

Der Nacherfüllungsanspruch ist der primäre Gewährleistungsanspruch sowohl im Kaufvertragsrecht (§ 439 BGB) als auch im Werkvertragsrecht (§ 635 BGB). Er gewährt dem Käufer oder Besteller das Recht, bei einem Mangel entweder die Beseitigung dieses Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen.

2. Nacherfüllung im Kaufrecht

2.1 Allgemein

Im Kaufrecht regelt § 439 BGB den Nacherfüllungsanspruch. Der Käufer hat die Wahl zwischen Mangelbeseitigung und Neulieferung. Allerdings kann der Verkäufer die gewählte Nacherfüllung verweigern, wenn diese mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden oder unmöglich ist.

Auch beim Kauf von Miteigentumsanteilen, wie bei Grundstücksanteilen, kann der Käufer nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB Nacherfüllung verlangen, wobei es besondere Anforderungen gibt (BGH, Urteil vom 14.02.2020 – V ZR 11/18).

2.2 Ausschluss der Nacherfüllung

Der Nacherfüllungsanspruch kann unter folgenden Bedingungen ausgeschlossen sein:

  • Unverhältnismäßigkeit der Kosten: Der Verkäufer kann die Nacherfüllung verweigern, wenn die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu Leitlinien entwickelt (BGH 04.04.2014 – V ZR 275/12).
  • Fehlgeschlagene Nachbesserung: Ist die Nachbesserung zweimal erfolglos, gilt sie als fehlgeschlagen. Der Käufer kann dann auf andere Gewährleistungsrechte wie Rücktritt oder Minderung zurückgreifen.
  • Sporadisch auftretende Mängel: Auch sporadische Mängel können den Anspruch auf Nacherfüllung begründen, sofern sie die Verkehrssicherheit beeinflussen (BGH 26.10.2016 – VIII ZR 240/15).

2.3 Anforderungen an das Nacherfüllungsverlangen

Der Käufer muss den Verkäufer zur Nacherfüllung auffordern und ihm die Möglichkeit geben, die Kaufsache am Erfüllungsort zu überprüfen (BGH 30.03.2022 – VIII ZR 109/20). Eine Fristsetzung ist in der Regel erforderlich, es sei denn, der Verkäufer verweigert die Nacherfüllung.

2.4 Leistungsort/Erfüllungsort der Nacherfüllung

Der Erfüllungsort der Nacherfüllung richtet sich nach § 269 BGB. In erster Linie sind vertragliche Vereinbarungen maßgeblich. Falls keine Vereinbarung getroffen wurde, wird der Erfüllungsort anhand der Umstände des Einzelfalls bestimmt (BGH 13.04.2011 – VIII ZR 220/10).

2.5 Kosten der Nacherfüllung

Der Verkäufer trägt gemäß § 439 Abs. 2 BGB die Kosten der Nacherfüllung, darunter Transport-, Arbeits- und Materialkosten. Bei eingebauten Waren muss der Verkäufer die mangelhafte Ware ausbauen und die neue Ware einbauen (§ 439 Abs. 3 BGB).

2.6 AGB und Nacherfüllung

In Verbrauchsgüterkaufverträgen kann das Recht auf Nacherfüllung nicht im Voraus eingeschränkt werden. Eine Abänderung ist nur nach dem Auftreten eines Mangels möglich.

2.7 Nutzungsentschädigung

Bei einer Nachlieferung darf der Verkäufer keine Nutzungsentschädigung für die mangelhafte Sache verlangen (§ 474 Abs. 2 BGB).

2.8 Beschädigung während der Nacherfüllung

Wenn die Kaufsache während der Nacherfüllung beschädigt wird, kann der Käufer Schadensersatz verlangen, jedoch kein Rücktrittsrecht geltend machen (OLG Saarbrücken 25.07.2007 – 467/06).

2.9 Beweislast

Der Käufer trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe der Kaufsache sowie für das Fehlschlagen der Nachbesserung (BGH 09.03.2011 – VIII ZR 266/09). Bei Verbrauchsgüterkäufen gilt innerhalb der ersten sechs Monate eine Beweislastumkehr.

2.10 Verjährung

Die Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs richtet sich nach § 438 BGB.

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